Schritt für Schritt zur nachhaltigen Erschliessung
Lukas Bühlmann | Veröffentlicht am |
In der Schwyzer Gemeinde Ingenbohl stehen für die Erschliessung eines Entwicklungsschwerpunkts beim Bahnhof Brunnen zwei Varianten zur Diskussion. Eine vom Kanton und der Gemeinde erarbeitete Variante sieht vor, das Gebiet über eine neue Eisenbahnüberführung und einen Hochkreisel zu erschliessen. Eine von den Grundeigentümern ins Spiel gebrachte, kostengünstigere Variante möchte den Verkehr über den bestehenden Bahnviadukt und eine ebenerdige, wegen der beschränkten Platzverhältnisse relativ enge Kurve führen.
Im Auftrag des Gemeinderats Ingenbohl habe ich die Vor- und Nachteile der beiden Lösungen untersucht und sie im Rahmen einer Interessenabwägung einander gegenübergestellt. Zu klären waren dabei auch zahlreiche rechtliche Fragen. Für die Beurteilung der verkehrs- und bautechnischen Fragen sowie die Einschätzung der Kostenfolgen wurden von der Gemeinde weitere Experten beigezogen. Deren Erkenntnisse flossen in die Interessenabwägung ein.
In meinem Bericht komme ich zum Schluss, dass beide Erschliessungsvarianten bewilligungsfähig sind. Sie tangieren zwar den Gewässerraum; als standortgebundene und im öffentlichen Interesse liegende Infrastrukturanlagen können sie ausnahmsweise jedoch bewilligt werden. Die vorgenommene Interessenabwägung zeigt, dass die Variante «Hochkreisel» bezüglich einzelner Schutzanliegen (Sicherung des Gewässerraums, Schutz vor Hochwasser) sowie der technischen Anforderungen (Verkehrsqualität und Knotenleistungsfähigkeit) deutlich besser abschneidet als die Variante «Kurve». Bei den Kostenfolgen liegt jedoch die Variante «Kurve» klar vorne. Aufgrund dieser Interessenabwägung und dem Umstand, dass beide Varianten rechtlich bewilligungsfähig sind, verfügte der Gemeinderat bei seinem Entscheid über die weiterzuverfolgende Variante über ein nicht unerhebliches politisches Ermessen. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, Verkehrssicherheitsaspekte und Kostenfragen gegeneinander abzuwägen. Entschieden hat er sich für die teurere, mittel- und langfristig aber nachhaltigere Hochkreisellösung. Siehe auch «Bote der Urschweiz»
Die vorliegende Variantenstudie zeigt, dass eine Interessenabwägung keine exakte Wissenschaft ist. Das Ergebnis der Abwägung lässt sich nicht mit dem Taschenrechner ermitteln. Es geht bei einer Interessenabwägung vielmehr darum, sich über die dreistufige Abwägungsmethode (wie sie die Raumplanungsverordnung des Bundes vorgibt) schrittweise an die optimale Lösung heranzutasten. Sorgfältige und umfassende Interessenabwägungen ermöglichen in diesem Sinne faktenbasierte Entscheide. Sie tragen zur Versachlichung bei, machen Entscheidungen transparent und sorgen für eine breite Akzeptanz und eine hohe Realisierungswahrscheinlichkeit.
Der Bericht mit der Interessenabwägung und Variantenstudie ist auf der Website der Gemeinde Ingenbohl öffentlich zugänglich.